Wenn in diesen Zeiten wieder viel über Macht und Vorherrschaft auf der Welt diskutiert wird, dann holt einem eine derzeit in der nö. Landesgalerie in Krems stattfindende Ausstellung in die Realität zurück. Nicht der Mensch ist der Erd-Herrscher, sondern es sind die Pflanzen.

80 Prozent der Biomasse sind Pflanzen

Gleich die eindrucksvolle Zahl, die der Pflanzenbiologe Martin Pfoser – langjähriger Mitarbeiter beim oö. Biologiezentrum – erläutert: 80 Prozent der Biomasse auf der Erde sind Pflanzen, 0,4 Prozent sind Tiere und – man kann es gar nicht glauben: 0,01 Prozent sind wir Menschen. Die sich die Erde derart „untertan“ machen, dass die Welt teilweise auf den Kopf gestellt wird.

Der Spaziergang durch die Ausstellung öffnet die Augen, vor allem wenn man sie mit einer Führung unternimmt, denn ganz bewusst haben die Gestalter 18 Pflanzen und ihre Geschichten ausgewählt. Da sind natürlich die Rosen mit dabei, von denen es heute 30.000 Zuchtformen gibt, die schon bei Römischen Orgien mit Rosenblüten-Teppichen eine große Rolle spielte und deshalb von der Katholischen Kirche lange mit Argusaugen betrachtet wurde. Wie so vieles…

Sehr menschliche Vergleiche…

Denn Linné, der auch in der Ausstellung eine wichtige Rolle spielt, hat er doch allen Pflanzen und Tieren einen eindeutigen Namen verpasst – wobei dabei auf sehr menschliche Vergleiche hingewiesen wurde. Die Blüte als Ehebett, die Staubgefäße als männliche Organe und die Stempel als weibliche. So wurden Ordnungen mit für damalige ungeheure Begriffe wie „nothwedige Vielweyberey“ beschrieben und die Kirche lief Sturm. Dennoch hat sich sein System mit den botanischen Namen durchgesetzt.

Spannend sind freilich alle Pflanzengeschichten, die bei der Schau erzählt werden. Die Tulpen mit ihrer Reise von der Türkei über Wien bis nach Holland und dem unvorstellbaren Börsencrash. Alles ist aber auch künstlerisch gestaltet, wie das eindrucksvolle Luftbild der niederländischen Schnittblumenfelder zeigt. Damit wir auch auf den enormen Wasser- und Pestizidverbrauch aufmerksam gemacht. Im ersten Moment sieht das Foto aber nach einer Teppichwebkunst aus – genau betrachtet, findet man aber sogar die Arbeiter, die gerade im Tulpenfeld tätig sind.

Ein Blick in die Zukunft

Pflanzen wie Getreide, Kartoffeln, Tomaten dürfen ebenso wenig fehlen, wie der Blick in die Zukunft, wo in einem kleinen Bio-Reaktor Algen gezüchtet werden, die möglicherweise einmal die Nahrungsmittelversorgung auf der Erde sichern. Mit dabei bei der Ausstellung „Flower Power“ sind 400 Werke von der Gotik bis heute: Bilder, Skulpturen aus den unterschiedlichsten Museen, wie zum Beispiel auch „Der Sonntagsspaziergang“ von Carl Spitzweg (eine Leihgabe vom Salzburger Museum) durch die wogende Wiese.

Die Schau zeigt eindrucksvoll, wie sehr der Mensch von der Pflanze abhängig ist und wie es ein Pflanzenforscher analysierte: „Würden morgen alle Pflanzen von der Erde verschwinden, wäre nach wenigen Wochen, spätestens Monaten auch der Mensch verschwunden. Umgekehrt würden aber die Pflanzen ohne Menschen die Erde innerhalb kürzester Zeit zurückerobern“.

„Flower Power“, Landesgalerie NÖ, Krems an der Donau, bis 15. Februar 2026

Das Buch zur Ausstellung

„Flower Power“, Eine Kulturgeschichte der Pflanzen. (Verlag Muery Salzmann, € 30,50). Auf 300 Seiten wird die ungeheure Kraft der Pflanzen von Martin Pfoser, dem langjährigen Leiter des Biologiezentrums und der Kunsthistorikerin Gerda Ridler unter Beweis gestellt. Kein Sachbuch, sondern eine spannende Hommage an die wahren Herrscher der Erde.

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