Bei meinem einwöchigen Seminar in einem der berühmtesten Gärten von England, in Great Dixter, durfte ich dem Obergärtner über die Schulter schauen. Er hat mir gezeigt, wie in England geschnitten wird.

„Fühlen Sie sich in die Pflanze hinein“!

„Fühlen Sie sich in die Pflanze hinein“! Die eindringliche Botschaft, die Fergus Gerrett, der Head Gardener von Great Dixter, immer und immer wieder predigte ist klar: „Nicht einfach drauf losschneiden“. Seine sieben Schützlinge (inklusive mir), die aus der halben Welt angereist waren, lauschten gespannt. Egal welchen Baum oder Strauch, egal welche Rose oder Kletterpflanze man schneidet, zuerst heißt es, die Frage beantworten: Auf welchem Holz blüht die Pflanze? Blüht sie auf den einjährigen Trieben (wie die Edelrosen) oder auf dem alten Holz (wie die Wildrosen und viele der historischen Rosen)?

Sechs Schritte

Fergus rät auch auf die Rindenfarbe zu achten. Manchmal ist das alte Holz dunkel und das neue hell, manchmal aber auch umgekehrt. Hier heißt es Erfahrung sammeln. Nach diesem ersten Schritt geht es an Schritt 2: Alle vertrockneten oder abgefrorenen Zweige entfernen. Schritt 3: Das Abgeblühte herausschneiden. Auch wenn das manchmal endlos erscheint, fühlt man sich dabei in die Pflanze „hinein“, erkennt ihre Schwachstellen und ihre Stärken, sieht, wo sie Licht braucht und wo sie überschwänglich wächst.

Schritt 4 ist ähnlich langwierig: „Alle schwachen Triebe werden entfernt“. Doch gibt es hier schon die ersten Einschränkung, denn „ist der Wuchs insgesamt schwach, muss man manche dünnen Triebe erhalten“. Schritt 5 ist dann maßgeblich für die Formgebung. Hier wird darauf geachtet, wie man Licht und Luft in den Rosenbusch bringt. Das gilt aber genau so bei Kletterpflanzen, Sträuchern oder sogar Bäumen.

Oft zeigt sich nach den ersten vier Sch(r/n)itten, dass die Pflanze überaltert ist und dringend vitaler wachsen muss. Hier gilt es, ganze Äste bodeneben herausnehmen und danach gleich mit Kompost und organischem Dünger zu „füttern“.