Schauen Gärtnerin und Gärtner über den Tellerrand, dann richtet sich ihr Blick mit Gewissheit in fremde Paradiese. Zum Abschauen gibt es genug, ob in Nachbars Garten nebenan oder in fremden Revieren hoch im deutschen Norden. Dorthin ging es jüngst mit Karl Ploberger.

Von Helena Wallner

Wenn die Riesenlibellen um die Indischen Lotusblumen schwirren, dann ist man gerade zum rechten Zeitpunkt im Arboretum Ellerhoop in Schleswig-Holstein. Zudem rüstet jetzt die Abteilung „Indian Summer“, eine Sammlung der spektakulärsten Herbstfärber, zum großen Leuchten. Auf dem einstigen Areal einer Baumschule rund um den Münsterhof gedeihen 3800 verschiedene Baumarten und eine Blüten- und Pflanzenpracht auf 17,3 Hektar.

{gallery}/news/2013/kw35/reise{/gallery}

Den Hitzesommer noch im Kopf, gewinnt die neue Anlage „Bäume im Klimawandel“ an großer Bedeutung. Im Baumpark Ellehoop wachsen vielleicht schon die Bäume der Zukunft. Gut mit den künftigen Anforderungen sollen die Hainbuche (Carpinus betulus), der Ginkgobaum (Ginkgo biloba) und der Lederhülsenbaum (Gleditsia triacanthos) zurechtkommen. Zu den Arten, die Forscher noch im Auge haben, gehört die Baummagnolie oder der Dreizahnahorn. In der engeren Auswahl befinden sich zudem Gehölze wie der Amberbaum, der durch seine späte, leuchtende Herbstfärbung auffällt.

Die landschaftlich reizvoll gestaltete Anlage ist eine spannende Kombination aus Schulbiologie, Baumwissenschaft, Ökologie einerseits sowie Gartenkultur und Naherholung andererseits. Ein Höhepunkt sind die Gehölze der Wasserwälder, der Chinesische Garten mit seinen seltenen Bunges-Kiefern und den Big-Bonsais sowie am Ufer des Arboretum-Sees die großen Bestände verschiedener Bambusarten. Geradezu ein Publikumsmagnet ist der in alter Gartentradition bepflanzte und liebevoll gepflegte Bauerngarten vor dem Südgiebel des historischen Münsterhofes.
Der in der Nähe gelegene Heidegarten zeigt neben einem großen Sortiment an Calluna- und Erica-Vertretern auch die wichtigsten Kraut- und Gehölzpflanzen der Heide. Apropos Heide, ein Abstecher in das Naturparadies Lüneburger Heide ist ein Muss. Und den Liedern zum Trotz: „Die jetzt blühende Heide ist kein Erica“, weist der norddeutsche Gartenexperte und Buchautor Siegfried Stein unermüdlich hin. Er selbst hat auf 15.000 Quadratmeter Sandboden mittlerweile ein Parkparadies – Schwimmteich inbegriffen – geschaffen, das seinesgleichen sucht. Freilich, jeder Rhododendronstrauch hat da seine künstliche Wasserzufuhr.

Als Kontrastprogramm zu den Parks mag das zum „Gartenparadies 2012“ gewählte Areal in Dahlenburg gelten. „Unser kleines Paradies ist unser ganzes Glück, unfertig und geliebt“, sagt Annemarie Müller, und schreitet durch „ihren Spiegel der Seele“, die rüstige Seniorin liebkost da eine Wildblume, flüstert dort einer späten Clematis etwas zu oder streichelt über eine Traube von Kletterrosenblüten. Auf dem einstigen Erdäpfelacker hat sogar das Indische Springkraut seine Daseinsberechtigung. Da muss das Herz der Blumenfreundin wirklich riesengroß sein.